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Das muss er aber schon können


Kennst du das auch? Du gehst da draußen mit deinem Welpen oder Junghund spazieren und es schafft es gerade nicht, an lockerer Leine zu laufen, sich zu setzen oder auf deinen Rückruf zu reagieren und dann schnauzt dich auch noch jemand vorwurfsvoll an: „Also das muss er aber in dem Alter längst können!“

Was muss ein Hund wann können?

Deshalb möchte ich mich heute mal diesen Fragen widmen:

  • Was heißt überhaupt „können“?
  • Gibt es Regeln/Vorschriften, in welchem Alter ein Hund was genau können muss?
  • Wer legt fest, was DEIN Hund können muss?
  • Wovon hängt es ab, was der Hund in einer Situation dann tatsächlich „kann“?

Was heißt überhaupt „können“?

Meiner Meinung nach ist das mit dem Können so eine Sache. Natürlich wäre es schön, wenn wir unseren Hund wirklich zu 100 Prozent abrufen könnten. Und sicher fänden es die meisten Menschen auch super, wenn der Hund – völlig egal, was passiert und wer begegnet – locker und entspannt an der Leine läuft.

Aber – selbst Hunde, die das „eigentlich“ können, machen es dann doch mal nicht.

„Das hat er ja noch nie gmacht!“ ist also tatsächlich nicht unbedingt eine Ausrede des Hundebesitzers, sondern kommt durchaus vor.

Und wenn wir mal ganz ehrlich sind: Können wir immer und in jeder Situation alles? Auch, wenn wir es eigentlich können? Warum fallen dann Menschen durch Prüfungen, obwohl sie eigentlich alles können, was geprüft wird?

Unsere Hunde sind Lebewesen genauso wie wir auch. Und so kann es immer Situationen geben, in denen es auf einmal nicht mehr klappt. Obwohl man es doch wirklich ganz oft geübt hat und man 1000 € wetten würde, dass der Hund es kann.

Bis man wenigstens nahe an die 100 Prozent kommt, braucht es ganz viel Übung. So viel übt wohl kaum ein ganz normaler Hundehalter mit seinem Familienhund. Bei Diensthunden oder Hunden, die für bestimmte Zwecke eingesetzt werden, sieht die Sache schon anders aus.

Deshalb wird es immer mal wieder Situationen geben, wo der Hund es gerade nicht „kann“.

Gibt es Regeln/Vorschriften, in welchem Alter ein Hund was genau können muss?

Ganz ehrlich – nirgends gibt es eine Vorschrift, die besagt, dass der Welpe mit 12 Wochen dies, mit 14 Wochen das, mit 16 Wochen noch etwas anderes und mit 20 Wochen perfekt gehorchen muss.

Wenn du von Anfang an „das Richtige“ (aus DEINER Sicht) sehr häufig belohnst, wird der Hund sehr schnell sehr viel „können“. Aber auch dann kann es noch passieren, dass er es plötzlich doch mal nicht kann.

Lass dir also von niemandem einreden, dass dein Hund irgendetwas können muss, nur weil er jetzt so und so alt ist.

Wer legt fest, was DEIN Hund können muss?

Damit kommen wir gleich zum nächsten und wichtigsten Thema: Was muss DEIN Hund denn können?

das muss er aber könnenMeine Antwort: „Kommt ganz drauf an!“

Es kommt auf deine Lebensumstände und deine Umgebung an. Und natürlich auch, welche Ansprüche du hast.

Lebst du in der Stadt oder auf dem Land? Im einen Fall ist es viel wichtiger zu üben, dass der Hund mit all den Dingen in der Stadt (Verkehr, Lärm, Menschen, Müll, …) klar kommt und im anderen Fall ist es von Vorteil, wenn er nicht bei jedem Traktor, jeder Kuh oder jedem Pferd einen Angstanfall bekommt oder versucht, die Tierchen zu jagen.

Dann kommt dein persönliches Umfeld dazu. Ein Hund in einer Familie mit Kindern, die häufig Besuch bekommen, muss ganz andere Dinge „können“ als ein Hund, der nur mit seinem Menschen für sich alleine lebt und nie Besuch bekommt.

Ein Hund, der überall hin mit genommen wird, muss wieder andere Dinge lernen als einer, der immer Zuhause bleibt. So lässt sich das natürlich fortführen.

Ein Hund, der ein zuverlässiger Assistenzhund werden soll, muss schon früh an viele Situationen gewöhnt werden, die ein normaler Familienhund nie können muss.

Wenn jemand mit seinem Hund Obedience- oder Agility-Weltmeister werden möchte, wird er den Hund anders fördern als jemand, wo der Hund ohne großen Aufwand in der Familie mitlaufen soll.

Das bedeutet: DU und nur DU allein kannst festlegen, was wichtig für dich und deine Situation ist und was dein Hund unbedingt können muss.

Es ist DEINE Entscheidung, was DEIN Hund können muss. Klick um zu Tweeten

Ein paar Grundlagen schaden nicht

Wobei ich durchaus der Meinung bin, dass ein paar Grundlagen nicht schaden. Ich finde, wenn ein Hund

  • vernünftig an der Leine laufen kann
  • zuverlässig zurück kommt
  • ruhig und geduldig warten kann
  • sich höflich benimmt (niemanden belästigt oder anspringt)
  • sich handeln lässt (kämmen, anfassen, Zecken entfernen, etc.)

kommt man schon ganz gut durch’s Leben.

Wenn der Hund ein paar wichtige Basics wirklich gut beherrscht, kommt man prima durch's Leben. Klick um zu Tweeten

Wenn er dagegen nur sitz, platz und fuss auf dem Hundeplatz kann, dann ist das – nun, ja – nicht ganz optimal aus meiner Sicht. Aber leider wird oft nur genau das geübt. Und sobald die Menschen den Hundeplatz verlassen, geht nichts mehr. 🙁

Wovon hängt es ab, was der Hund in einer Situation dann tatsächlich „kann“?

Natürlich kann dein Welpe / Junghund / Hund überhaupt nur das können, was du mit ihm geübt hast. Du kannst nicht erwarten, dass er zuverlässig kommt, wenn du den Rückruf nicht wirklich trainiert hast. Er wird sich nicht hinlegen und 10 Minuten warten während du verschwindest, wenn du das nie mit ihm geübt hast.

Deshalb: Er kann nur das können, was du ihm beigebracht hast. Ob absichtlich oder unabsichtlich spielt keine Rolle.

Erwarte nicht etwas von deinem Hund, was du nicht mit ihm geübt hast. Klick um zu Tweeten

Aber selbst wenn du etwas ganz viel geübt hast und denkst, dein Hund kann es….

… und dann kommt dieser Moment, wo es eben doch nicht klappt! 🙁

Wenn dann noch eine solche Bemerkung wie „Das muss er aber in dem Alter können…“ kommt, ist man gleich doppelt gefrustet.

Es kann natürlich sein, dass es eine solche Situation noch nie gab. Vielleicht bist du beim Spazierengehen noch nie einem Lama begegnet und dein Hund fühlt sich beim Anblick/Geruch des Lamas so wie du bei der Prüfung? Kurzzeitig geht gar nichts mehr!!! – Ja, das kann passieren.

Wenn dein Hund mal etwas nicht macht, ärger dich nicht, sondern frage dich einfach: Was könnte die Ursache sein? Klick um zu Tweeten

Anstatt dich zu ärgern, kannst du

  1. zu dem Motzer sagen: „Oh, wirklich? Ich dachte, dass muss er erst mit einem Jahr können.“ oder „Das kommt in der Hundeschule erst nächste Woche dran.“  und
  2. dir selbst sagen: „Wie spannend! Was genau könnte die Ursache dafür sein, dass mein Hund es jetzt und hier nicht konnte? Was kann ich üben, damit es beim nächsten Mal klappt?“

Wenn du das Nichtkönnen einfach nur als Information nimmst, kannst du die Situation neutral betrachten. Du brauchst dich nicht zu ärgern, sondern du schaust sie dir einfach an. Und dann kannst du entscheiden, was du damit machst. Wenn du sagst: „Lamas begegnen uns in den nächsten 5 Jahren nicht wieder“, würde ich keinen großartigen Trainingsplan aufstellen, um Begegnungen mit Lamas zu üben.

Ein Fehler ist eine Information. Klick um zu Tweeten

Wenn es sich nicht um Lamas handelte, sondern um den neuen Nachbarn, der dir jetzt vermutlich jeden Tag über den Weg läuft, ist es nicht verkehrt, einen guten Plan zu machen und umzusetzen. 🙂

Schau dir auch das FB-LIVE Video zum Thema an

Fazit

Es ist dein Hund, du weißt, was du brauchst und was dir wichtig ist. Solange niemand gefährdet wird und auch das Leben des Hundes durch mangelndes Training nicht beeinträchtigt wird, ist aus meiner Sicht alles in Ordnung.

Claudia

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  1. Hallo Claudia,
    ich LIEBE Deinen Hundeverstand, Deine unaufgeregte, lösungsorientierte, hundeliebende und menschenverständnisvolle Art!
    Deine Tipps, Deine Arbeit ist gold wert!
    Möge jeder seinen Hund nach Deinen Tipps trainieren, und geb es wohl nur glückliche Hunde – und Menschen mit Hund!
    Das wollte ich unbedungt mal mitteilen.
    Von mir erhältst Du den Ehrentitel „Hundeflüsterin“!
    Herzliche Grüße von Anja und Havanerserhündin Josie

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