Du fragst – ich antworte: Hund bellt alles an, was neu ist
Eine Frage, die mir in etwas veränderter Form sehr häufig gestellt wird, kommt von Silke:
Frage
Mein Welpe fängt draußen immer bei allem an zu bellen. Manchmal weiß ich gar nicht, warum und denke, da ist gar nichts. Aber er bellt auch, wenn er Kinder oder ein Fahrrad oder einfach nur eine Mülltonne sieht. Er will da auf keinen Fall hin, sondern möchte am liebsten abhauen. Soll ich ihn einfach bellen lassen?
Antwort
Aufgrund der Beschreibung gehe ich mal davon aus, dass es sich bei dem Bellen um Unsicherheit handelt. Einige Hunde nehmen die Beine in die Hand und flüchten einfach. Andere bellen und hoffen möglicherweise, dass das „gruselige Ding“ endlich verschwindet.
Eine gesunde Portion Angst ist von Vorteil
Als erstes Mal eine gute Nachricht für dich: Eine gesunde Portion Angst ist von Vorteil. Sie sorgt dafür, dass ein Lebewesen sich nicht kopflos in eine gefährliche Situation begibt. Draufgänger, die keine Angst kennen, werden oft nicht so alt.
Also freu dich!
Lernen, mit der Angst umzugehen
Dein Welpe ist noch nicht so lange auf dieser Welt und er kann ja auch in Wirklichkeit gar nicht wissen, ob so ein Mülleimer oder der Staubsauger gefährlich ist oder nicht.
Er kann aber lernen, wie man mit neuen Situationen umgeht und du kannst ihm dabei helfen. Denn du bist ja sowieso sein Beschützer und zeigst ihm alles in deiner Menschenwelt, die wahrlich nicht immer optimal für unsere Hunde ist.
Überleg mal, wie es uns selber geht, wenn wir in eine neue Situation kommen oder etwas sehen, was uns unheimlich ist. Den meisten hilft es, wenn jemand dabei ist, den er kennt. Und wenn der ihm erklärt, was das ist oder wie es funktioniert, ist es doch viel einfacher, oder?
Und wie machst du das mit deinem Welpen?
Ich zeige so etwas immer am liebsten an einem Beispiel: Hier habe ich einen Ventilator als Beispiel genommen. Du kannst den durch alles ersetzen, was deinem Hund unheimlich ist. 😎
- Der Ventilator ist aus. Du gehst mit dem Hund so nah hin, dass er ihn wahrnimmt, aber sich noch wohl fühlt. Also nicht bellt, weglaufen will oder was immer dein Hund bei Angst macht.
- Warte darauf, das dein Hund zum Ventilator schaut. Ssobald er das tut, sage dein Lobwort und gib ihm ein Leckerli. Das Leckerli gibt es noch ein Stück weiter weg vom Ventilator. Schaut er wieder hin, Lobwort und Leckerli. Wenn du merkst, dass er gezielt zum Ventilator schaut, warte mal einen Moment länger. Das ist in der Regel so nach 5 – 10 Wiederholungen der Fall.
- Vielleicht reckt er dann den Hals etwas mehr Richtung Ventilator oder macht ein Schrittchen drauf zu. So nach dem Motto: „Ey, haste nicht gesehen, Frauchen. Ich habe doch dahin geschaut.“ Genau in dem Moment kommt dein Lobwort und das Leckerli gibt es wieder ein Stück weg von dem gefährlichen Ding.
- Nach und nach muss dein Hund sich immer näher an den Ventilator wagen, um seine Belohnung zu verdienen. Er kann aber immer selbst entscheiden, wie weit er sich traut. Wenn an irgendeiner Stelle STOP ist, mach einfach eine Pause und versuche es eine Stunde später oder am nächsten Tag.
- So kannst du weitermachen, bis er sich bis an den Ventilator rantraut.
- Bei solchen Dingen, die sich nicht bewegen und/oder keine Geräusche machen, hast du es schon fast geschafft. Übe noch an verschiedenen Stellen. Dann klappt es mit jeder neuen Stelle besser und gehört irgendwann als „normal“ dazu.
- Bei Dingen, die sich bewegen und / oder Geräusche machen, wie z.B. Staubsauger, Ventilator oder auch Menschen kann es sein, dass du die Schritte wirklich nochmals von Anfang an mit dem Hund üben muss. Wenn z.B. der Ventilator an ist oder der Staubsauger sich plötzlich auch noch bewegt, ist das ganz anders für den Hund.
Im Fall des Ventilators würdest du jetzt also den Ventilator anschalten und einfach alle Schritte wie beschrieben mit deinem Hund machen, bis auch der brummende Ventilator nicht mehr unheimlich ist.
Wichtige Hinweise
- Es ist wichtig, dass zuerst dein Lobwort kommt – und zwar genau in dem Moment, wo dein Hund das gruselige Ding anschaut – und du dann das Leckerli weg von dem gruseligen Ding gibst.
- Lass deinen Hund alleine entscheiden, wie nah er sich traut. Zieh ihn nicht hin oder versuche ihn, mit Leckerli hin zu locken.
- Belohne nicht zu lange für den gleichen Schritt. Wenn er sich 5 Mal bis auf zwei Meter Entfernung rangetraut hat, warte mal etwas ab, ob er sich auch bis auf 1,90 Meter rantraut. Immer, wenn es 5 Mal gut geklappt hat, kannst du etwas mehr fordern.
- Wenn dein Hund doch mal anfängt zu bellen oder sich erschreckt, mach kein Drama draus. Das kann passieren, z.B. wenn man den Staubsauger bewegt und war doch etwas zu schnell bei den Schritten. Überleg dir, was zuletzt gut geklappt hat und mach an der Stelle weiter. Es ist nichts Schlimmes passiert.
- ACHTUNG! Du übst damit NICHT, einfach an etwas vorbeizugehen und es links liegen zu lassen. Wie du das üben kannst, zeige ich dir HIER.
Keine Sorge – es ist einfacher als man denkt
Das hört sich jetzt vielleicht ein bisschen kompliziert an. Es hilft deinem Hund aber grundsätzlich mit „unheimlichen“ Dingen umzugehen und sich ihnen zu nähern. Und im wahren Leben geht das auch relativ schnell. Das sind nur ein paar Minuten Training. Manchmal auch nicht mal eine Minute – je nachdem, wie gruselig dein Hund das Ding findet und wie oft du so etwas mit ihm übst.
Kleine Anekdote
Meine Meringa ist ein Hund, die nicht nur auf jede Veränderung in der bekannten Umwelt reagiert, sondern auch auf Dinge, die aus ihrer Sicht nicht ins Bild passen.
So kann es passieren, dass sie einen Pilz anbellt, der über Nacht gewachsen ist und gestern noch nicht an dieser Stelle war oder sich über eine Papiertüte am Wegesrand aufregt.
Manchmal findet sie auch Dekorationen in Vorgärten unpassend oder ist felsenfest davon überzeugt, dass ein Wassertank nicht auf eine Weide gehört.
Wir haben geübt, dass wir uns solche Dinge anschauen, die ihr unheimlich sind und auch, dass wir daran vorbeigehen können. Und das klappt inzwischen auch recht gut und schnell.
Allerdings sind wir vor einiger Zeit morgens zum Gartentürchen raus und Meringa sträubt alle Haare, bellt, geht rückwärts und stellt sich an, als wäre ein mindestens 10 Meter großes Monster auf der Straße. Da war aber nix! Jedenfalls habe ich zunächst nichts gesehen und wusste im ersten Moment tatsächlich nicht, was derart gruselig sein könnte.
Tja – und dann war da doch tatsächlich eine weißer Strich auf der Straße mit den riesigen Ausmaßen von ca. 30 cm Länge und 5 cm Breite. Der war da einfach zwischen dem letzten Verlassen des Hauses und jetzt „gewachsen“.
Wir haben tatsächlich so zwei Minuten gebraucht, bis Meringa sich bis hin getraut hat und wir Gassigehen konnten. Dieses gefährliche Ding – übrigens nur eine Markierung für den am nächsten Tag stattfindenden Laufwettbewerb – hätte ich womöglich übersehen und die anderen Hunde hat es auch nicht interessiert.
Ich finde es immer witzig und faszinierend und anstatt mich über den Hund zu ärgern, nutze ich die Situation.
Fazit
Nimm deinen Hund wie er ist. Hilf ihm, mit solchen Situationen umzugehen. Sei froh, dass er nicht unbekümmert in jede Situation hineingeht. Du hast einen sehr klugen Hund!
Viel Spaß beim Ausprobieren
Claudia
P.S.: Wenn du noch detaillierte Lösungen für Probleme mit deinem Hund suchst, schau doch mal HIER.