Im heutigen Gastbeitrag von Hunde-Physiotherapeut Rafael Scheer geht es um die Gesundheit des Welpen – ein wirklich wichtiges Thema, mit dem man sich am besten bereits vor der Anschaffung des Welpen befasst.
Was man vor der Anschaffung eines Welpen beachten sollte
Bevor ein Welpe einziehen kann, gibt es viele Dinge zu bedenken:
- Bin ich in der Lage, die nächsten zehn, fünfzehn oder mehr Jahre gut für den Hund zu sorgen?
- Welche Rasse passt zu mir und meinen Lebensumständen?
- Soll es ein Rassehund vom Züchter sein oder vielleicht doch ein Mischling aus dem Tierschutz?
Natürlich möchte man auch einen gesunden, agilen Hund und dafür sollte man ebenfalls einige Dinge bedenken. Was genau, darauf möchte ich hier einmal näher eingehen.
Welche Rasse?
Rund 350 verschiedene Hunderassen sind beim Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) gelistet. Nur ganz wenige Rassen sind darunter, die keinerlei Veranlagung für eine (oder gleich mehrere) bestimmte Krankheiten haben. Die Liste der unterschiedlichen Erkrankungen und Probleme ist lang. Da ich selbst Physiotherapeut für Hunde bin, möchte ich mich hier auf Erkrankungen des Skeletts konzentrieren.
Die folgenden Beispiele sind natürlich nur ein kleiner Einblick in das Problem der zuchtbedingten Erkrankungen und selbstverständlich kann auch ein Hund aus „gesunder“ Zucht gesundheitliche Probleme haben. Dennoch geben sie Euch ein Gefühl für die Problematik.
Es nützt nichts, die Probleme einfach zu ignorieren
Um eines gleich vorweg zu nehmen: Mir geht es nicht darum, bestimmte Rassen schlecht zu reden oder deren Besitzern Vorwürfe zu machen! Es wäre aber der falsche Weg, die Augen vor den Problemen bestimmter Rassen zu verschließen.
Ich selbst habe einen Altdeutschen Schäferhund (allerdings nicht vom Züchter) und habe damals (noch vor meiner Ausbildung zum Physiotherapeuten) bei der Anschaffung einige Fehler gemacht, u.a. indem ich mich nicht ausreichend über rassetypische Krankheiten informiert habe. Zum Glück hat mein Hund keine der Schäferhund – typischen Probleme, es hätte aber auch anders kommen können.
Des weiteren finden sich in meinem Freundes- und Bekanntenkreis viele unterschiedliche Hunderassen, darunter Dackel, Terrier und Französische Bulldoggen. Sie alle haben etwas gemeinsam, sie gehören zu den beliebtesten Rassen in Deutschland und leiden oftmals an zuchtbedingten Erkrankungen des Skeletts.
Viele Rassen weisen Krankheiten auf
So sind Schäferhunde zum Beispiel häufig von degenerativen Gelenkserkrankungen wie der Hüftgelenkdysplasie (HD) betroffen. Diese findet sich generell bei fast allen großwüchsigen Hunderassen, beim Schäferhund wird sie aber noch zusätzlich durch den häufig zu findenden, angezüchteten abfallenden Rücken und die steil gestellte Hinterhand begünstigt. Glücklicherweise geht der Trend wieder zu Schäferhunden mit geradem Rücken, aber besonders in Showlinien findet man nach wie vor den „schräg“ gezüchteten Schäferhund.
Nicht wenige von diesen Hunden haben bereits in jungem Alter mit den Folgen einer schweren HD zu kämpfen, sind stark eingeschränkt, müssen regelmäßig Schmerzmedikamente einnehmen oder müssen operiert werden.
Auch kleine Rassen haben Krankheiten
Auch kleinere Rassen haben gesundheitliche Probleme. So sind viele kleine Rassen – darunter insbesondere Terrier, King Charles Spaniel, Chihuahuas, Zwergpudel oder Französische Bulldoggen – von einer Patellaluxation betroffen. Das bedeutet, dem Hund springt regelmäßig eine (oder auch beide) Kniescheibe raus.
Jeder von Euch hat bestimmt schon einmal einen Hund beobachtet, der beim Laufen alle paar Schritte einen kleinen „Hüpfer“ macht. Das ist nicht, wie man so oft hört, ein Terrier typischer, normaler Gang oder Ausdruck großer Lebensfreude, sondern ein deutliches Anzeichen für eine Patellaluxation. Der Hund sorgt durch eine kurze, schnelle Streckbewegung dafür, dass die Kniescheibe wieder an ihren Platz zurückrutscht. Betroffene Hunde „gewöhnen“ sich zwar mit der Zeit an dieses Problem, trotzdem ist es für sie unangenehm oder sogar schmerzhaft und schädigt auf Dauer das Gelenk.
Ein weiteres, häufiges Problem bei vielen Rassen sind Bandscheibenvorfälle. Viele kurzbeinige Rassen mit einem langen Rücken, allen voran der Dackel, haben mit diesem Problem zu kämpfen. Ein Bandscheibenvorfall ist nicht nur äußerst schmerzhaft, er kann auch schwere neurologische Schäden verursachen (beispielsweise Lähmungserscheinungen, Harn- oder auch Stuhlinkontinenz). Auch der Heilungsprozess bei einem Bandscheibenvorfall ist langwierig und – auch für den Halter – anstrengend.
Manche Rassen hat es besonders hart getroffen
Unter allen Rassen, die von zuchtbedingten Krankheiten betroffen sind, hat es die Bulldogge (sowohl Englische als auch Französische) und den Mops besonders hart getroffen. Zusätzlich zu den bekannten Problemen mit der Atmung, Herz- und Augenerkrankungen, neigen Hunde dieser Rassen zu verschiedenen Erkrankungen des Skeletts, darunter Bandscheibenvorfälle und Patellaluxation. Bulldoggen haben dazu häufig noch Wirbelabnormitäten (z.B. Keilwirbel), die weitere Probleme verursachen. Der Mops dagegen neigt, obwohl er zu den eher kleinen Rassen gehört, zu degenerativen Gelenkserkrankungen. (HD und ED)
Die hier von mir aufgeführten Rassen und ihre Erkrankungen sind leider nur einige wenige Bespiele dafür, welche Probleme unseren Hunden angezüchtet werden. Jede einzelne betroffene Rasse aufzuzählen würde schlichtweg den Rahmen dieses Artikels sprengen.
Was bedeutet Qualzucht?
Häufig werden diese Rassen, insbesondere Bulldoggen und Möpse, als Qualzuchten bezeichnet. Zu Recht, wie ich finde, denn Schmerzen, Leiden und körperliche Schäden werden hier, zu Gunsten des Äußeren, bewusst in Kauf genommen. Qualzuchten sind in Deutschland offiziell verboten, eine praktische Umsetzung dieses Verbots ist jedoch schwierig. Einerseits ist die gesetzliche Definition für Qualzucht zu ungenau, andererseits besteht nach wie vor eine große Nachfrage für diese Rassen. Nur wenn Züchter UND Käufer umdenken, kann sich etwas an diesem Problem ändern.
Das bringt mich wieder zu meiner Ausgangsfrage: Was sollte ich vor der Anschaffung eines Welpen beachten?
Gründliche Information ist wichtig
Zuallererst, informiert Euch ausgiebig über die von Euch ausgesuchte Rasse!
- Welche Krankheiten sind für diese Hunde typisch?
- Sind die Erkrankungen behandelbar und wenn ja, wie (bedenkt dabei auch, die eventuell anfallenden Kosten)?
So schwer es Euch vielleicht auch fällt, weil Ihr eine bestimmte Rasse besonders toll findet, verzichtet auf Hunde aus Qualzuchten. Ihr tut Euch (und vor allem auch dem Hund) keinen Gefallen, wenn Ihr einen Hund kauft, der sein Leben lang unter Schmerzen leiden wird, kaum laufen oder nicht richtig atmen kann!
Auch die Zuchtstätte ist wichtig
Sucht nach einem guten Züchter! Kauft keinesfalls Welpen aus irgendeinem Kofferraum heraus oder über dubiose Internetinserate. Die Wahrscheinlichkeit, einen kranken Welpen zu bekommen, ist hier besonders hoch. Bei einem guten Züchter, wurden alle vorgeschriebenen Vorsorgeuntersuchungen der Elterntiere vorgenommen (informiert Euch ggf. welche Untersuchungen dies sind) und können nachgewiesen werden. So könnt Ihr das Risiko für viele vererbbare Erkrankungen (HD, ED, bestimmte Herzerkrankungen usw.) minimieren.
Zu guter Letzt, schaut Euch die Welpen und – soweit möglich -die Elterntiere (beim Deckrüden ist das nicht immer möglich) gut an.
- Machen die Tiere auf Euch einen guten und gesunden Eindruck?
- Ist der Rücken gerade?
- Wie läuft der Hund (Stichwort Patellaluxation)?
Wenn Ihr ein schlechtes Gefühl habt, hört auf dieses Bauchgefühl und schaut Euch nach einem anderen Züchter um. Nehmt kein Tier aus Mitleid mit.
Wenn Ihr diese drei Punkte beherzigt, habt Ihr gute Voraussetzungen dafür, einen gesunden Welpen zu bekommen, der Euch hoffentlich viele Jahre lang begleiten wird!
In diesem Sinne, Euch und Euren Welpen alles Gute
Rafael Scheer
Danke für den Vortrag. Ich finde es auch total Traurig warum ausgerechnet die Zuchtkrankenhunde so beliebt sind. Ich verstehe nicht warum zum Bsp. beim Schäferhund so kaputt gezüchtet wurde. Vor 35 Jahren habe ich mit Schäferhunden angefangen da gab es dieses Problem nicht und für mich sieht es auch nicht schön aus. Ich verstehe aber vorallem Züchter und besonders Käufer nicht die ihre Hunde ja so lieben. Ein Hund gehört auch nicht auf irgendwelche Ausstellung damit der Besitzer sich einen billigen Pokal irgendwo hinstellen kann. Ich bin sicher der Hund hat andere Interessen. Menschen mit komplexen nutzen leider ihre Kinder oder Tiere um das eigene Ego zu stärken und über sie zum Erfolg zu kommen. Warum ist die Krankzüchtung keine Tierquälerei?? Da muss dringend was passieren.