Heute morgen hätte ich ein wunderbares Video drehen können, auf dem man gleich ganz viele Dinge hätte erkennen können. Aber selbstverständlich respektiere ich die Privatsphäre anderer Menschen und filme nicht einfach – auch, wenn es mich in den Fingern gejuckt hat.
Was war passiert?
Mir begegnete eine Dame, die mir schon viele Jahre mit ihrem vorigen Hund begegnet ist, den es offenbar nicht mehr gibt. Ehrlich gesagt ist “begegnet” zuviel gesagt. So richtig aneinander vorbei gelaufen sind wir eher selten. Sie hat es vermieden und ich habe es vermieden. Ihre Beweggründe kenne ich nicht.
Mein Beweggrund ist ganz einfach:
Immer, wenn sie uns nur von weitem gesehen hat, sammelte sie eiligst eine kleinen Ast oder etwas ähnliches auf und startete damit, ihren Hund zu bedrohen. Er lief dann wunderbar neben ihr. Offenbar hatte er gut verknüpft, was Mensch mit so einem Teil machen kann, wenn man nicht brav weiterläuft. Um dem Hund diesen Stress zu ersparen, bin ich lieber ausgewichen.
Ein Welpe ist eingezogen
Nun habe ich die Dame schon seit einigen Wochen immer mal in der Ferne mit einem Welpen gesehen, aber eben weit weg. Wir sind uns nie direkt begegnet. Zufall? Wer weiß…
Heute morgen war es dann doch so weit. Als sie mich mit meinen Hunden sah, nahm sie ihren jungen Hund – ich schätze mal, er ist inzwischen so um die 5 Monate – an die kurze Leine. Bis dahin sah alles noch ganz nett aus und ich dachte noch so, vielleicht macht sie es ja jetzt anders als mit dem alten Hund.
Tolle Möglichkeit zum Üben leider nicht genutzt
Ich konnte mit meinen Hunden ein Stück auf das gerade abgeerntete Stoppelfeld ausweichen, sodass wir eine schöne Distanz zum Üben hatten.
Tja, was soll ich sagen: Ihr junger Hund sprang fröhlich an der Leine auf und ab, als er uns gesichtet hatte und bellte aufgeregt. Er wäre wohl gerne zu uns gekommen. Das wiederum veranlasste Frauchen gleich zu 4 Dingen:
- Sie klapperte mit einer Rappeldose, die sie in der einen Hand hielt.
- Sie ruckte immer wieder an der Leine.
- Sie gab ein böses “hey” von sich.
- Sie drehte sich – wie beim alten Hund – bedrohlich zum Hund.
Die Reaktion des Hundes war: Er machte einfach fröhlich und unbeeindruckt mit dem weiter, was er tat. NICHTS, wirklich nichts davon interessierte ihn.
Was bedeutet das?
Leider bedeutet das, dass der Hund sich schon in diesem zarten Alter an alle diese Strafmaßnahmen so gewöhnt hat, dass er sie nicht mehr als solche empfindet. Er nimmt sie gar nicht mehr wahr.
- Die Rappeldose wurde ganz offensichtlich zum Alltagsgeräusch wie für andere Hunde das Brummen eines Autos oder das Radio.
- Das Rucken an der Leine hat ihn ebenfalls nicht gestört. Auch das sagt mir, dass er so oft geruckt wurde, dass das “normal” für ihn ist.
- Und sein Frauchen? Weder die Stimme noch was sie tat, interessierte ihn. Er schaute nicht mal nach ihr. Er hatte nur Augen für uns.
Ist das nicht super, dann macht es ihm doch nichts aus?
Jetzt könnte man natürlich denken: Naja, das ist doch super! Wenn die Strafe eh nicht als solche funktioniert, macht es doch nichts.
Leider sehe ich das nicht ganz so unproblematisch. Denn der Welpe ist ja nicht so auf die Welt gekommen. Diese Strafreize mussten ja einige Male angewendet werden, damit sie zur Gewohnheit wurden. Und das war für den Welpen am Anfang sicher nicht besonders angenehm.
Das zweite Problem daran ist, dass das dazu führt, dass der Mensch immer massivere Strafe einsetzt. Er muss das schließlich tun, denn dieser Hund ist ja stur und da muss man zu härteren Maßnahme greifen wie z.B. Stöcken. Beim alten Hund hat die Rappeldose offenbar auch nicht gereicht. Aber im Erfinden von weiteren Strafen sind wir Menschen ja immer gut. Leider! 🙁
Es geht noch weiter
Ganz ehrlich: Ich habe mir im Laufe der Jahre abgewöhnt, solche Menschen anzusprechen, weil es für den Hund dann immer am schnellsten vorbei ist. Ich weiche solchen Menschen aus oder wenn das nicht geht, sehe ich zu, dass ich so schnell und weit wie möglich vorbeikomme.
Nun sprach sie aber mich an, dass der Hund ja noch ein ganz junger sei und sich deshalb so aufführt.
Darauf ich: “Aber dann macht es doch keinen Sinn, zu schimpfen. Dann wäre es doch besser, man zeigt ihm, was er tun soll. Er kann es ja nicht wissen.”
Sie: “Aber ich schimpfe doch nicht!”
Ich: “Aber sie rappeln mit der Dose, rucken an der Leine und bedrohen ihn körpersprachlich. Das ist nicht nett!”
Und dann war sie sehr schnell weg. Ich glaube, die Dame ist wirklich furchtbar nett und hat sich noch nie Gedanken darüber gemacht. Ihr war überhaupt nicht bewusst, dass sie ihren Hund straft bzw. versucht, ihn zu strafen. Und dass sie gerade in einem Teufelskreis mit immer mehr Gewalt ist.
Jeder tut sein Bestes
Ich gehe davon aus, dass niemand seinem Hund etwas Böses tun möchte. Und meine Hoffnung ist, dass sie vielleicht einfach einen Denkanstoß bekommen hat und zumindest anfängt, sich Gedanken darüber zu machen. Dann hätten meine Worte sich gelohnt. Auch, wenn sie heute morgen bei meinen Worten natürlich nicht begeistert war.
Wie würdest du dich fühlen?
Vielleicht denkt jetzt der ein oder andere beim Lesen: “Meine Güte. So schlimm ist das ja nun wirklich nicht. Gerade, wenn es dem Hund nichts ausmacht!”
Überleg einfach mal selbst, wie du dich fühlen würdest, wenn jemand eine Leine um deinen Hals schlingt und jedes Mal, wenn du irgendwas macht, daran ruckt, dich mit “hey” anfährt und neben deinen Ohren mit einer lauten Rappeldose scheppert.
Du hast leider keine Ahnung, was du tun sollst und bei deiner nächsten Aktion passiert genau das wieder. Und wieder. Und wieder. Und wieder.
Wie würdest du dich fühlen?
Deine Claudia
P.S.: Wenn du nicht weißt, wie du es besser machen kannst, findest du hier und in meinen Kursen jede Menge Tipps und ganz konkrete Anleitungen. Wenn du einen Welpen hast, hol dir zum Einstieg meinen 7-Tage-Welpenkurs. Er kostet normalerweise 27 €. Du bekommst ihn hier von mir völlig KOSTENLOS.