Warum die ersten Wochen so wichtig sind
Welche Rolle spielt die Sozialisierungsphase?
Diese Phase dauert von der achten bis zur sechzehnten – nach neueren Erkenntnissen sogar nur bis zur zwölften – Lebenswoche des Welpen. Ich möchte hier auf die Zeit bis zur sechzehnten Lebenswoche – also bis zum Ende der Welpenzeit eingehen.
Es findet prägungsähnliches Lernen statt
Alles, was der Welpe in dieser Zeit lernt, gehört sozusagen als selbstverständlich zu seinem Leben dazu. Selbst wenn die Aufzuchtbedingungen nicht optimal waren, kann man in dieser Zeit noch sehr viel nachholen und retten.
Umgekehrt kann man aber auch viele unangenehme Verhaltensweise fördern und festigen. Aus diesem Grund sollte man sich überlegen, was man später haben möchte und was nicht!
Angeboren oder Erziehung?
Manchmal jammern Menschen in der Hundeschule, dass ihr Hund zu hektisch oder zu ungeduldig ist und definieren die Eigenarten als angeboren. Schau ich mir das Mensch-Hund-Team an, wundere ich mich nicht, denn genau das Verhalten, was der Mensch moniert, wird belohnt.
Nein! Natürlich nicht bewusst und absichtlich. Die Menschen sind sich gar nicht im darüber klar, was da passiert. In diesem Artikel möchte ich das an ein paar Beispielen verdeutlichen.
Beispiel 1: An der Leine laufen
Der süße kleine Welpe mit seinen paar Kilos möchte gerne im Gras schnuppern, weil er etwas Spannendes in die Nase bekommen hat. Also läuft er los. Ups, da bremst ihn etwas, weil Frauchen die Leine in der Hand hat. Der Kleine zieht trotzdem weiter und weil er ja so klein und süß ist, dackelt Frauchen brav hinterher.
So läuft es meistens
Was hat der süße kleine Welpe gerade gelernt? Genau! Er hat gelernt, dass er ans Ziel kommt, wenn er an der Leine zerrt.
Was macht er also das nächste Mal, wenn er irgendwo hin möchte? Genau! Er zieht. Und wenn es nicht gleich funktioniert, zieht er noch ein bisschen mehr. Schließlich gibt Mensch nach und Hund hat gelernt: „Wenn ich irgendwo hin möchte, muss ich nur heftig und lange genug ziehen!“
Wie geht es besser?
Wie wäre es, wenn du einfach stur stehen bleibst, wenn sich die Leine spannt? Bei einem Welpen klappt das ganz gut, weil der noch nicht so viel Kraft hat. Und wenn du jetzt wartest? Du wartest so lange, bis dein Welpe sich genervt zu dir rum dreht, dich ansieht und dabei die Leine locker lässt. Prima, eine gute Idee vom Welpen. Sofort Lob und BELOHNUNG!
Wenn das gut klappt, dass er sich zu dir umdreht und die Leine locker lässt, kannst du auch noch ein bisschen mehr verlangen. Warte jetzt einfach, bis er bis zu dir kommt. Dann hängt er nicht gleich wieder in der Leine und lernt nicht die Sequenz: Ziehen – locker lassen – ziehen.
Was ist in dem Fall eine BELOHNUNG? Nun, die beste Belohnung ist in der Situation meist, wenn du den Welpen dahin laufen lässt wo er hinwollte – und zwar OHNE an der Leine zu zerren. Entweder lässt du sie länger und läufst ein Stück. Vielleicht kannst du sie auch einfach fallen lassen.
Manchmal geht es aber nicht, dass der Welpe zum gewünschten Objekt kommt. Zum Beispiel, weil du nicht möchtest, dass dein Welpe sich in dem Kuhfladen suhlt, den er angepeilt hatte. Dann gibt es als Belohnung ein Leckerli oder ein Spiel mit Frauchen und dabei entfernt man sich vom Objekt der Begierde! 😉
Was hat der Kleine jetzt gelernt? Er hat gelernt, dass Zerren ihm gar nichts bringt. Und er hat gelernt, dass es sich lohnt, die Leine locker zu lassen.
Die Frage ist eben, was möchtest du später? Wenn du jetzt auch nur eine Woche konsequent bist, zerrt dein Welpe nicht! Wenn nicht, tja….
Beispiel 2: Leine abmachen
Der Welpe sieht auf dem Feldweg seinen liebsten Hundespielkumpel. Er freut sich natürlich riesig und springt und hopst in die Leine und kläfft dabei noch aufgeregt.
So sieht es meistens aus
Frauchen beeilt sich, die Leine schnell abzumachen, damit der süße schnell mit seinem Kumpel spielen kann!
Was hat der Welpe gelernt? Ja, richtig! Er hat gelernt, dass er sein Ziel erreicht, wenn er hopst und springt und bellt. Und er hat gleich noch etwas gelernt! Man muss sich nicht mal zurückhalten. Wenn man etwas haben will, muss man sich möglichst wüst aufführen. Umso schneller bekommt man es!
Wie könnte man es besser machen?
Wenn der Welpe hopst, springt, zerrt und/oder bellt, passiert ganz einfach NICHTS. Frauchen wartet ab. Wird es gar nicht besser, entfernt sich Frauchen langsam – Schritt für Schritt – vom Spielkumpel weg.
Oh nein! Das war nicht der Plan vom Welpen. Also dreht er sich irgendwann mal um und schaut Frauchen mit vorwurfsvoller Miene an! Gute Idee! Womöglich hört er auch noch auf zu bellen und zu hopsen. Frauchen lobt den Welpen, macht die Leine ab und schickt ihn zum Spielen.
Anfangs reicht es schon, wenn der Welpe es schafft, ruhig zu sein. Wenn das gut klappt, kann Frauchen noch ein bisschen mehr verlangen. Einen Moment länger anschauen oder einmal Sitz machen. Je nachdem, was der Welpe schon gelernt hat.
Was hat der Welpe in diesem Fall gelernt? Nun, er hat gelernt, dass er mit Ruhe ans Ziel kommt. Er hat gelernt, sich ein wenig zurückzunehmen. Das ist eine wichtige Übung, denn man bekommt im Leben nicht immer alles, was man gerne hätte. Und schon gar nicht bekommt man es immer SOFORT.
Fazit
Diese beiden Situationen erlebe ich jede Woche, wenn die Welpenbesitzer zur Welpenstunde kommen. Die Welpen haben es furchtbar eilig, weil sie ja wissen, dass die Spielkumpels warten. Und ich muss Frauchen und Herrchen immer mächtig bremsen, damit sie ihren Welpen nicht das Zerren und das Toben an der Leine beibringen.
Es gibt zahlreiche ähnliche Situationen im Alltag. Überlege dir IMMER, was du da gerade belohnst – dein Welpe lernt 24 Stunden täglich. Insbesondere, wenn dein Welpe etwas immer wieder tut, was dir so gar nicht gefällt, geh mal in dich und schau dir die Situation genau an. Meist wird das Verhalten unfreiwillig und versehentlich belohnt.
Vergiss bitte nie: Auch AUFMERKSAMKEIT ist eine Riesenbelohnung!
Es ist gar nicht so schwer! 😉 Warte einfach immer auf Verhalten, das dir gefällt und dann bekommt dein Welpe etwas, was er möchte. So hat jeder etwas davon. Ein guter Deal! 🙂 🙂 🙂
Wenn dir aufgefallen ist, wo du deinen Welpen unbeabsichtigt belohnt hast, hinterlasse einen Kommentar. Dann können andere Welpenbesitzer von deinen Erfahrungen profitieren.
P.S.: Und wenn du täglich Unterstützung bei der Erziehung deines Welpen haben möchtest, ist der Welpenfahrlan genau das Richtige für dich.