„Ein bisschen Wasser macht dem Hund doch nichts.“ höre ich häufig und viele sind sich gar nicht bewusst, dass sie da eine Strafe anwenden, die der ein oder andere Hund als sehr massiv empfindet.
„Ich rucke doch nicht, ich gebe nur einen Leinenimpuls!“ – Nur weil man es anders nennt, macht man das Rucken nicht besser.
„Ich bedrohe ihn doch nicht, ich blocke ihn nur ab.“ – Und warum zieht der Hund dann Kopf und Rute ein, wenn er sich nicht bedroht fühlt?
Eine wahre Geschichte
Ich bekam einen Anruf von einem älteren Herrn mit einem kleinen Hund – wir nennen ihn hier mal Filou – der folgendes Problem hatte: Filou hatte sich seit dem Tod der Frau angewöhnt, fremde Menschen nicht nur zu verbellen, sondern ihnen auch noch in die Beine zu zwicken.
Bei meinem Hausbesuch stellte sich heraus, dass Filou schon immer etwas zurückhaltend bei fremden Menschen war. Als die Frau des Herrn gestorben war, verschlimmerte sich das Problem und Filou bellte bereits, wenn jemand zu nah kam. Gleichzeitig ging er aber rückwärts und ergriff die Flucht. Herrchen gefiel es aber nicht, dass sein Hund andere Menschen anbellte.
Anfangs hatte Filou das nur Zuhause gemacht, jetzt fing er aber auch unterwegs damit an, wenn Menschen auf Herrchen und Hund zukamen.
Tipps vom „Fernseh-Profi“ und ihre Auswirkungen
Dann sah der Herr genau dieses Problem in einer Sendung von einem „Hundeprofi“. Und der löste das – schwupps – mit ein bisschen Wasser aus der Spritzpistole. Jedes Mal, wenn der Hund in der Fernsehshow bellte, wurde ihm Wasser ins Gesicht gespritzt.
„Das ist ja einfach. Das mache ich jetzt auch!“ beschloss daraufhin das Herrchen von Filou. Gesagt, getan. Ab sofort war er mit der Wasserpistole unterwegs.
Da ist wohl etwas schief gelaufen
Und die zeigte Wirkung! Nach nur 3 Tagen bellte Filou schon, wenn er einen Menschen nur von weitem sah. Und er startete damit, nach vorne zu gehen, wenn die Menschen trotzdem näher kamen. Also anstatt die Flucht zu ergreifen, schoss Filou jetzt nach vorne und versuchte, die Menschen durch Bellen und notfalls auch Zwicken in die Beine in die Flucht zu schlagen.
Filous Herrchen konnte sich mit niemanden mehr unterwegs unterhalten, denn Filou war auch an der Leine nicht mehr zu beruhigen und ohne Leine hing er im Bein des „Feindes“. Da war wohl ordentlich was schief gelaufen.
Massive Strafe
Was war passiert? Wieso hat Filou nicht wie der in der Fernsehsendung gezeigte Hund den Schwanz eingezogen und die Klappe gehalten? Das sah doch so einfach aus und das war es doch, was sein Herrchen wollte.
Blöderweise hat Filou offensichtlich verknüpft, dass es für ihn wirklich total unangenehm wird, wenn andere Menschen auftauchen. Und hat beschlossen, nun noch massiver vorzugehen, um diese auf Distanz zu halten. Für Filou war die Annäherung eines Menschen die Ankündigung für die Strafe (das Wasser), was gleich wieder kommen würde. Die Strategie, die er entwickelte, um der Strafe zu entgehen, war, sich die Menschen noch konsequenter vom Hals zu halten – notfalls auch durch Zwicken in die Beine.
Und ganz ehrlich: Das funktioniert ziemlich gut. Die meisten Menschen springen weg, wenn da so ein kleiner wild gewordener Hund kommt. Das wiederum verstärkte Filou in seinem Tun. Ganz offensichtlich verstanden Menschen Zwicken, wenn Bellen zum Verscheuchen nicht reichte.
Aber ich würde meinem Hund niemals etwas Böses tun
„Das wusste ich nicht! Und das wurde im Fernsehen auch nicht gesagt. Ich wollte meinem Filou doch nichts Böses tun.“ sagte mir Filous Herrchen, als ich ihm erklärte, was passiert war.
Wenn ich so etwas höre, glaube ich das demjenigen, der es mir sagt.
Was ich nicht verstehe: Warum wird es dann trotzdem getan? Weil es so harmlos ist? Wieso ist das harmlos?
Dann kommt meist so etwas wie: „Aber ich würde ihn niemals schlagen oder treten!“ oder eine der Aussagen vom Anfang des Beitrags.
Aber zu Tode erschrecken, massiv bedrohen, würgen, zwicken, mit Wasser bespritzen, schubsen und frustrieren schon? Das finde ich komisch. Was genau ist daran nicht so schlimm?
Ist das wirklich harmlos?
Ein Hund hat von ein bisschen Wasser im Gesicht schließlich keine blauen Flecke und keine Verletzungen. Das heißt aber nicht, dass das nicht trotzdem eine massive Strafe sein kann. Nur, weil man keine äußeren Verletzungen sieht, kann das trotzdem sehr schlimm sein.
Werden so eine Strafe zufällig wie gewünscht verknüpft, ist sie natürlich sehr wirkungsvoll – auch, wenn sie deswegen nicht harmloser oder angenehmer für den Hund ist. Im Gegenteil. Offensichtlich ist das richtig schlimm für den Hund.
Ganz blöd wird es aber, wenn so eine Strafe falsch verknüpft wird. Wie im Fall von Filou. Wäre Filou nicht ein 5-Kilo-Hund gewesen, sondern ein 30-Kilo-Hund, hätte er das zu dem Zeitpunkt, als Filous Herrchen mich rief, wahrscheinlich schon mit dem Leben bezahlt, weil er schon mehrere Menschen ernsthaft verletzt hätte.
Und das alles wegen ein bisschen Wasser. So kann es gehen.
Zum Glück konnte ich Filous Herrchen davon überzeugen, dass das mit der Wasserpistole keine gute Idee war. Wir trainierten dann lange, bis Filou Menschen zumindest wieder so wenig bedrohlich fand, dass er in sicherem Abstand entspannt vorbei laufen konnte und im Zweifelsfall den Rückzug antrat anstatt nach vorne zu gehen. Das Training war etwas komplexer als die Wasserpistole. Dafür war es nachhaltiger und angenehmer für ALLE Beteiligten.
Fazit
Auch, wenn dir solche unangenehmen Maßnahmen als harmlos verkauft werden, verzichte darauf. Unsere Hunde sind wirklich fantastisch und meistens verzeihen sie uns und wehren sich nicht. Das macht es aber nicht besser.
Wenn ein Hund so etwas wirklich harmlos findet – und ja, solche Hunde gibt es – wird es keine Wirkung zeigen. Es wird sogar Hunde geben, die finden das ein oder andere wirklich lustig. Aber dann wird das Verhalten nicht wie gewünscht aufhören, sondern schlimmer werden. Dann ist es in der Tat keine Strafe, erzielt aber eben auch keine Wirkung bzw. genau das Gegenteil.
Sorge für eine vertrauensvolle Beziehung
Deshalb ist mein Weg der Weg über positive Verstärkung.
Ich überlege mir, was der Hund tun soll und wie ich ihm das so beibringen kann, dass er Spaß daran hat. Ich möchte, dass meine Hunde mir vertrauen, sich auf mich verlassen können und mich nicht als unberechenbar einstufen. Ich möchte mit meinen Hunden entspannt und mit Spaß üben und keine Bedrohung für sie darstellen. Meine Hunde sollen gerne mitmachen und nicht aus Angst vor irgendwelchen angeblich harmlosen Folgen.
Mir macht es total viel Spaß, meine Hunde zu belohnen. Ich bin glücklich, wenn sie sich wohl fühlen und sich freuen. Und ich bin der Meinung, dass es in unserer Verantwortung liegt, so für ein Tier zu sorgen, dass es sich wohl fühlt. Auch bei der Erziehung.
Wenn das auch dein Weg ist, bist du hier richtig.
Wenn du deinen Hund lieber unterwirfst, bedrohst, durch die Gegend ruckst oder schubst oder den ganzen Tag nur mit „nein“, „pfui“, „aus“ nervst, bist du bei mir und mit meinen Trainingstipps nicht gut bedient und wirst hier für dich nichts Brauchbares finden.
Hast du es bis jetzt anders gemacht, dich aber nicht wirklich wohl gefühlt dabei? – Dann bist du hier auch richtig. Starte einfach. Es macht so viel Spaß.
Claudia
Leider geht nicht alles so einfach wie du schreibst.Es gibt viele verschiedene Hunde und Charakter wie z.B.mein Welpe von 5 Mt.ein Goldenretriever der sehr hartnäckig ist.Das ist nicht mein erster Hund.Ich habe über 40 Jahre Hunde gehabt.Vorwiegent D.Schäfer womit ich jene Prüfung machte
Gruss Urs
Nun, dein Hund kann nichts für deine Fähigkeiten als Trainer. 🙂