Marion hat mir eine spannende Frage gestellt:
Frage
Du predigst ja immer, dass der Welpe ganz viel ruhen und entspannen soll. Aber er muss doch auch sozialisiert werden und soll alles mögliche lernen. Wenn der 22 Stunden am Tag ruht, wann soll man das denn alles üben?“
Antwort
Das ist tatsächlich eine gute Frage, die mir immer wieder gestellt wird. Dahinter steht aber die Idee, dass viel auch immer gut ist. Und das möchte ich in Frage stellen.
Ich denke bei der Welpenerziehung – und vielleicht nicht nur da – geht Qualität vor Quantität, d.h. lieber weniger wertvolle Erfahrungen und gutes Training als viel – egal wie das aussieht.
Ich möchte dir heute mal aufzeigen, wie das im Alltag aussehen könnte. Natürlich hängt das immer extrem von den eigenen Lebensumständen ab.
Sozialisierung
Ganz häufig wird unter Sozialisierung verstanden, dass der Welpe zu jedem Menschen und Hund hin muss, dass man ihn beim größten Betrieb in die Stadt oder auf ein Fest schleppt und ähnliche Dinge.
So nicht!
Das ist zwar auch Sozialisierung, aber das ist nicht wirklich optimal. Sehr leicht geht da auch mal einiges schief. Da kommt ein ungestümes Kind und erschreckt den Hund. Ein nicht so welpenbegeisterter Hund packt sich den Welpen womöglich. Oder es ist dem Welpen zu laut und er fühlt sich gar nicht wohl.
So ist es besser!
Da unsere Hunde nun mal in unserer Gesellschaft klar kommen müssen, ist es natürlich wichtig, dass sie die Dinge kennenlernen, die dazu gehören. Das sind in der Stadt vielbefahrene Straßen, Lärm, viele Menschen, etc. und auf dem Land andererseits Pferde, Kühe, Schafe und Hühner und dass nur ab und zu mal ein Mensch und/oder Hund begegnet und das auch okay ist.
Überlege dir, wie dein Alltag, wie dein Leben aussieht und was dein Hund alles können muss!
Dann kannst du dir diese Situationen vornehmen. Hier ein paar Beispiele:
- Du hast Kinder und dein Hund soll entspannt bleiben, wenn andere Kinder kommen? Sie am besten sogar toll finden? Dann such dir zwei oder drei Kinder heraus, die vorsichtig sind, sich dem Welpen so nähern, wie du es ihnen sagst, die dem Welpen Zeit lassen, sich von alleine hin zu trauen. Und füttere diese tollen Begegnungen gerne auch noch schön. Der Welpe lernt so, dass Kinder nett sind und er nichts befürchten muss.
- Du bekommst immer mal Besuch von deiner Tante, die am Stock läuft und dein Welpe soll das als „normal“ ansehen und keine Angst haben. Hol dir jemanden, der mit Stock kommt und lass deinen Welpen sich das ansehen. Wenn er es okay findet, lobe und belohne ihn. Wenn er den Stock komisch findet, leg ihn doch auf den Boden und lass den Welpen schnuppern. Nimm du ihn in die Hand und lass ihn sich das ansehen, usw.
- Du möchtest selbstverständlich, dass dein Welpe keine Angst vor anderen Hunden hat. Dann suche dir gut sozialisierte und nette Hunde, mit denen du dich triffst. Natürlich ist auch eine gut geführte Welpengruppe eine Option. Bei solchen netten Kontakten lernt dein Hund, dass andere Hunde nett sind. Deshalb lieber weniger, aber tolle Erfahrungen als ganz viele und es geht zwischendurch schief.
So kannst du dir all die Dinge überlegen, die dein Hund kennenlernen soll und die für dich wichtig sind. Dann nimmt du dir jeden Tag maximal eine Sache vor und planst dafür dir Zeit ein. Und zwar wenig Zeit. 5 – 10 Minuten sind meiner Meinung nach völlig ausreichend. Es gibt Welpen, die schaffen keine 5 Minuten am Anfang, dann mach weniger. Mit zunehmendem Alter und entsprechender Übung kannst du die Zeit nach und nach ausdehnen.
Mach dich nicht verrückt!
Und hey – wenn du nicht alles schaffst, ist das überhaupt nicht schlimm. Denn unsere Hunde lernen ihr Leben lang und wenn du damit startest, überhaupt etwas zu machen und wenn du deinem Hund jeden Tag auch nur einen neuen Eindruck – und das kann ein neuer Weg oder ein neuer Mensch sein – verschaffst, lernt er zu lernen und wird später problemlos neue Dinge dazu lernen.
Gehorsamsübungen
Ja, aber er muss doch auch noch Sitz und Platz und Fuß und Komm und und und lernen!
Wann soll ich das denn dann noch machen?
Die Antwort ist aus meiner Sicht ganz einfach: Dann, wenn es sich ergibt.
- Du fütterst deinen Hund sowieso. Da kannst du jedes Mal üben, dass er ruhig und geduldig wartet, bis du das Futter frei gibst.
- Du gehst sowieso mit dem Welpen raus. Da kannst du immer, wenn dein Welpe angeleint ist, üben, dass sich die lockere Leine lohnt. Und zwar nur die lockere Leine.
- Dein Welpe hat einen natürlichen Folgetrieb und kommt häufig auf dich zugelaufen. Super, das kannt du nutzen und immer schon z.B. „hiiiiiier“ rufen und ihn fürstlich belohnen, wenn er bei dir angekommen ist.
- Dein Welpe dreht sich unterwegs um und schaut, ob du noch zu sehen bist! Hey, das ist doch toll von deinem Welpen. Sage ihm das, freue dich und spiele eine Runde mit ihm.
- Unterwegs begegnet euch etwas. Dein Welpe sieht es und du kannst ihn bei dir füttern und ihm so zeigen, dass es bei dir am tollsten ist, wenn andere Menschen, Hunde oder Gegenstände auf der Welt auftauchen.
- Du kuschelst abends mit deinem Welpen? Nutze das doch gleich auch für ein bisschen Körperpflege- und Anfassübungen.
Du siehst schon, es bieten sich im Laufe des Tages ganz viele Möglichkeiten, die du einfach ausnutzen kannst. Und wenn du dann noch zwischendurch mal kleine Übungseinheiten von 1 – 2 Minuten einlegst – egal, ob Zuhause oder Unterwegs – hast du ganz schnell auch Dinge wie Sitz und Platz geübt.
Und ich habe noch eine ganz gute Nachricht für dich: Auch diese Dinge lernt der Welpe noch, wenn er älter als 16 Wochen ist. Du musst also das Rad nicht an einem Tag erfinden.
Was ist wirklich wichtig?
Bei mir steht Sitz, Platz, Fuß tatsächlich nicht an erster Stelle. Ich weiß, dass ich diese Dinge sehr schnell auch mit einem erwachsenen Hund üben kann.
Mir ist wichtig, dass ein Hund
- an lockerer Leine geht
- zuverlässig kommt, wenn ich ihn rufe
- warten kann
- stressfrei alleine bleibt
- sich ruhig verhält
- sich überall anfassen lässt
- auf mich achtet unterwegs und sich zu mir orientiert, wenn er etwas sieht (mit und ohne Leine)
Natürlich muss jeder für sich selbst entscheiden, was für ihn wichtig ist. Aus meiner Sicht sind das die Dinge, die man im Alltag andauernd hat und die kann man auch im Alltag üben. Man muss nur achtsam sein und gute Verhalten vom Welpen belohnen, um in die Engelsspirale zu kommen.
Wenn man die guten Verhalten als selbstverständlich ansieht und dem Welpen alle Aufmerksamkeit für die Dinge schenkt, die man nicht haben möchte, darf man sich nicht wundern, wenn man immer mehr unerwünschte Verhalten bekommt.
Was meine Hunde nicht können müssen
Es gibt so ein paar Dinge, die MEINE Hunde nicht können müssen:
- Sich von jedem anfassen lassen. Ich gehe auch nicht durch die Welt und fasse fremde Menschen oder deren Kinder an und ich lasse es auch nicht zu, dass meine Hunde von jedem angefasst werden. Da ich vom ersten Tag an übe, dass sich meine Hunde unterwegs zu mir orientieren und nur Augen für mich haben, wenn uns etwas begegnet, haben wir damit auch kein Problem.
- Mit jedem Hund spielen: Meine Hunde sollen da draußen einfach kommentarlos und entspannt an anderen Hunden vorbeilaufen. Sie haben Freunde, die sie kennen und mit denen sie gerne auch mal toben und spielen. Das reicht mir. Ich finde nicht, dass ein Hund mit jedem Hund Kontakt aufnehmen muss.
Ehrlich gesagt gibt es noch eine Menge anderer Dinge, die sie nicht können müssen. Aber diese beiden Sachen kommen so häufig vor und deshalb wollte ich sie explizit erwähnen.
Fazit
Zwei Stunden am Tag sind viel Zeit, um alles Notwendige mit dem Welpen zu üben. Wenn du dich von dem Gedanken frei machen kannst, Training und Alltag sind zwei verschiedene Dinge, sondern einfach den Alltag nutzt, hast du eigentlich schon alles, was du brauchst.
Wie du die einzelnen Dinge üben kannst, dazu kann ich dir jede Menge Tipps geben, am besten holst du dir gleich den GRATIS-Welpenkurs oder auch den Traumhund-Generator, dort betreue ich dich ganz intensiv.
Ich wünsche dir jedenfalls viel Spaß und einen entspannten Welpen
Claudia
P.S.: Wenn du noch detaillierte Lösungen für Probleme mit deinem Hund suchst, schau doch mal HIER.