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Geiz ist nicht geil


„Aber ich kann den doch nicht dauernd belohnen.“ oder „Der muss das doch auch mal so machen!“  – Solche und ähnliche Aussagen höre ich häufig von Welpenbesitzern, wenn ich ihnen sage, dass sie sich überlegen, was sie von ihrem Welpen erwarten und das erwünschte Verhalten dann auch belohnen sollen. Warum beim Belohnen von richtigem Verhalten Geiz kein bisschen geil ist, möchte ich hier erklären.

Sinnloses Hineinstopfen ist nicht das Ziel

Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Menschen unter Belohnungstraining verstehen, dass man dem Welpen völlig unabhängig von seinem Verhalten von morgens bis abends Leckerli in den Hals stopft.

Da wurde dann aber wohl etwas missverstanden. Denn das ist keine Erziehung mit positiver Verstärkung, sondern Umgang mit dem Hund ohne Sinn und Verstand. Und das wird auch nicht funktionieren. Das sind dann die Leute, die sagen: „Aber mit Leckerli das funktioniert nicht!“ – Dafür können aber die Leckerli nichts. Das wäre so, als würde ich sagen: „Das mit dem Computer funktioniert aber nicht.“ Nur weil ICH damit nicht umgehen kann.

Stattdessen sollte man sich als Hundehalter überlegen, was man von seinem Hund erwartet. Also was genau soll der Hund TUN? Wenn man das weiß, kann man es auch mit dem Hund üben. Es geht also beim Belohnungstraining um Training mit Köpfchen!

Training mit Köpfchen

Anstatt zu warten, dass der Welpe sich selbst etwas überlegt, sollte ein kluger Hundehalter folgende Überlegungen anstellen.

  1. Was soll mein Welpe in welcher Situation tun?
  2. Wie kann ich auf nette Art dafür sorgen, dass er das tut?
  3. Welche Management-Maßnahmen könnten mich dabei unterstützen?
  4. Womit kann ich den Welpen belohnen?
  5. Was tue ich, wenn es nicht klappt?

Wenn man sich das überlegt hat, kann man agieren, anstatt zu reagieren und kommt so zur Engelsspirale. Anstatt den ganzen Tag mit „nein“, „pufi“ und „aus“ hinter dem Welpen herzujagen, hat man jede Menge Spaß.

Praktische Beispiele

Zum besseren Verständnis möchte ich hier ein paar ganz praktische Beispiele bringen.

Situation: Es kommt Besuch

  1. Was soll er tun?
    Wenn Besuch kommt, soll mein Welpe ruhig in seinem Körbchen warten, bis ich ihn rufe.
  2. Wie kann ich auf nette Art dafür sorgen, dass er das tut?
    Ich übe mit ihm das Warten in seinem Körbchen oder auf seiner Decke mit vielen Ablenkungen, bis er es auch bei Besuchern schafft.
  3. Welche Management-Maßnahmen könnten mich dabei unterstützen?
    Ein Welpenauslauf oder eine Hundebox, die man schließen kann, können gute Helfer sein. Oder ich übe angeleint mit meinem Hund, während jemand anders sich um den Besuch kümmert. Dann kann kein Fehler passieren.
  4. Womit kann ich den Welpen belohnen?
    Bei dieser Übung nehme ich größere Kekse, die auch gerne krümeln dürfen. So hat der Welpe auf der Decke noch etwas zu suchen und wird bald sehr gerne auf der Decke bleiben.
  5. Was tue ich, wenn es nicht klappt?
    Solange er das Verhalten noch nicht so gut kann, bringe ich ihn in seine Box oder ein anderes Zimmer, lasse die Besucher rein und hole den Welpen erst dazu, wenn sich alle hingesetzt und beruhigt haben.

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Noch ein Beispiel gefällig? Stell dir wieder die Fragen!

Situation: Der Welpe soll an der lockeren (!!!) Leine durch die Siedlung laufen

  1. Wenn mein Hund an der Leine ist, möchte ich, dass er locker daran läuft. Sollte er doch mal das Ende der Leine erreichen und die Leine auf Zug kommen, soll er sie sofort von alleine wieder locker lassen.  Das soll er auch tun, wenn uns irgendwer begegnet (Fußgänger, andere Hunde, Jogger, Radfahrer, Autos,…)
  2. Zunächst übe ich mit meinem Welpen ZUHAUSE. So kann er schon lernen, dass das Laufen an der Leine toll ist und ich kann in aller Ruhe meine Handgriffe üben. Draußen belohne ich anfangs jeden Schritt. Wenn ich merke, dass mein Welpe schon gar nicht mehr die Idee hat, in die Leine zu laufen, belohne ich nur noch jeden 2. Schritt. Klappt das gut, muss der Welpe immer mehr Schritte an lockerer Leine laufen, bevor es die Belohnung gibt. Wenn ich oft genug belohne, wird der Welpe nie in die Leine laufen. (Übrigens: Er kann es dann später nicht!). Sollte es doch mal passieren, dass der Welpe das Ende der Leine erreicht hat, weil ich nicht genug belohnt habe, bleibe ich SOFORT stehen und warte, bis der Welpe sich zu mir orientiert hat. Erst, wenn er mit seiner Aufmerksamkeit bei mir ist, laufe ich wieder los und belohne den ersten Schritt an lockerer Leine.
  3. Ich habe eine sehr leichte, etwas längere Leine (Biothane ultralight, 5 Meter) verwendet. So hatte ich immer etwas mehr Zeit zum Reagieren, bevor mein Welpe das Ende der Leine erreicht hat. Außerdem haben wir am Anfang nur sehr kurze Strecken an der Leine geübt und ich habe Ort ausgesucht, an denen nicht zu viel Ablenkung war.
  4. Für dieses Training habe ich sehr kleine und weiche Leckerli verwendet, die mein Welpe „inhalieren“ konnte oder sein Dosenfutter in die Tube gefüllt und ihn schlecken lassen. Da die Tube die Lieblingsbelohnung meines Welpen war, hat er die immer bekommen, wenn er einen anderen Menschen, Hund oder oder oder gesehen hat. So konnte ich nicht nur üben, dass die lockere Leine auch bei Ablenkungen aller Art gilt, sondern gleichzeitig, dass es bei Ablenkungen das Allerbeste bei mir gibt. 🙂
  5. Wenn der Welpe mit der Belohnung an dem Ort, den ich ausgewählt habe, keinen einzigen Schritt schafft, gehe ich nochmals zurück nach Hause und übe Zuhause mit Ablenkungen, die ich mir selber bastle. Ich kann ein Spielzeug fallen lassen oder einen Ball werfen oder die Kinder lang laufen lassen, den Rest vom Mittagessen auf den Boden stellen oder oder oder. Wenn der Welpe da 5 Schritte schafft, schafft er draußen auch einen Schritt. 🙂 Und den kann ich belohnen. Der Vorteil Zuhause ist, dass ich die Ablenkung nach und nach immer schwieriger machen kann. So kann ich dafür sorgen, dass die Leine immer locker bleibt.

Ist doch ganz einfach, oder?

Ja, eigentlich schon, aber andererseits eben auch nicht. Denn man muss sich vorher schon ein paar Gedanken machen und vielleicht auch schon das ein oder andere geübt haben. Oder entsprechende Managementmaßnahmen ergreifen. Auf jeden Fall braucht es etwas mehr Nachdenken als den Welpen einfach nur machen zu lassen und die ganze Zeit nur „nein“, „pfui“ und „aus“ zu rufen. 🙁

Und ja, der Hund bekommt eine Menge Futter dabei. Aber Fressen muss er ja so oder so. Und man muss ihm das Fressen ja nicht aus dem Napf geben. Man kann es auch einfach zur Belohnung verwenden. Meine Kleine hat 700gr gewogen als sie zu mir kam und ihre Futterration war wirklich nicht sehr groß. Also habe ich ihr Futter immer eingepackt und für unsere Übungen verwendet.

Gutes Verhalten kann nicht zuviel belohnt werden! Klick um zu Tweeten

Aber kann man nicht zuviel belohnen?

Nein – ganz ehrlich. Wenn man das Richtige belohnt, kann man nicht zuviel belohnen. Denn ein Verhalten wird um so besser gezeigt, je häufiger es belohnt wird. Deshalb belohne ich z.B. ein schnelles und sofortiges Kommen meiner Hunde ein Leben lang. Ich finde es nicht selbstverständlich, dass sie immer kommen. Sie könnten ja auch schwimmen gehen, Hasen jagen oder zu ihren Hundekumpels laufen oder was sonst sie immer gerne täten. Da sie ja in dem Moment ohne Leine sind, könnte ich es nicht ändern. Deshalb möchte ich, dass sie freiwillig und gerne kommen.

Man kann nicht zuviel, aber man kann das Falsche belohnen! Klick um zu Tweeten

ABER man kann das Falsche belohnen. Und wird dann auch das bekommen!

Überlege dir immer, WAS du da gerade belohnst. Wenn du das Falsche belohnst, ist ein Leckerli schon zuviel. Wenn du das Richtige belohnst, kannst du gar nicht genug belohnen.

Belohne nicht, was du NICHT haben willst. Da ist schon EIN EINZIGES Leckerli ZUVIEL. Klick um zu Tweeten

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Der Hund macht es immer lieber

Und weißt du, was das Beste daran ist, wenn du viel belohnst? Die Verhalten selber werden schon zur Belohnung bzw. dein Wort dafür wird schon zur Belohnung. Wenn du deinen Hund 10.000 x für Sitz belohnt hast, freut er sich schon, wenn du „sitz“ sagst. Denn dann besteht Aussicht auf Belohnung.

Du kannst dann auch ein Verhalten mit einem anderen belohnen. Wenn du merkst, dass dein Hund sehr gerne „sitz“ macht, weil du das schon häufig belohnt hast, kannst du ihn zur Belohnung sitzen lassen. 🙂

Aber ACHTUNG: Verhalten, das nicht selbstbelohnend ist und nie mehr belohnt wird, wird eines Tages nicht mehr gezeigt.

Verhalten, das nie mehr belohnt wird, wird irgendwann nicht mehr gezeigt. Klick um zu Tweeten

Das kannst du dir zunutze machen, wenn dein Hund etwas tut, was er nicht tun soll. Belohne es einfach nicht!

Leider ist das gar nicht so leicht, auch, wenn du jetzt vielleicht sagst: „Aber ich belohne ihn doch nicht dafür!“ Schau mal genau hin, was du tust, wenn dein Hund das unerwünschte Verhalten zeigt!

Sagst du vielleicht jedes Mal „sitz“, wenn er unaufmerksam ist? Mit dem Ergebnis, dass du einen sehr unaufmerksamen Hund hast? Oder rufst du deinen Hund vielleicht immer genau dann, wenn er sich gerade weit von dir entfernt? Und du musst andauernd rufen? Denn er entfernt sich immer mehr und immer weiter?

Mit dem „sitz“ oder dem „komm“ belohnst du das, was dein Hund gerade in dem Moment tut, wo du es sagst. Natürlich nur, wenn du das zuvor mit Belohnung geübt hast. Aber daran solltest du immer denken. Deshalb ist die Engelsspirale so praktisch! Da reiht man ein tolles Verhalten an das nächste.

Belohnung ist mehr als Leckerli

„Ja, aber ich habe dem noch nie ein Leckerli für das Klauen der Strümpfe gegeben!“

Nun ja, hoffentlich nicht direkt. Aber du hast vielleicht ein lustiges „Fang-mich“-Spiel gespielt. Oder du hast ein „Tauschgeschäft“ (gib mir das Handy wieder, dafür kriegst du das Quietschespielzeug) gemacht. Oder du hast ihn einfach nur angeschaut und geschimpft – und Aufmerksamkeit ist eine große Belohnung für die meisten Hunde. Die Liste könnte man endlos fortsetzen.

Wenn du das jetzt weißt, kannst du auch das wieder nutzen, um deinen Welpen für tolles Verhalten nicht nur mit Leckerli zu belohnen, sondern mit Aufmerksamkeit, mit einem Spielzeug, ihn zu seinem Hundekumpel laufen lassen, die Leine abmachen, ihn buddeln lassen, ihn ins Wasser lassen, usw. usw. usw. Die Auswahl an Belohnungsmöglichkeiten ist also schier endlos.

Häufig ist das, was den Hund am meisten ablenkt, die beste Belohnung! Wenn es möglich ist, dass du ihn damit belohnst, nutze das aus. Aber denk eben immer daran, was du belohnst.

5 Beispiele aus dem Alltag

Ich möchte dir jetzt einfach noch 5 Alltagsbeispiele vorstellen, die so täglich stattfinden. Leider wird es häufig so gemacht wie unter „Keine gute Idee“ beschrieben. Dabei kann man sich das Leben so leicht machen, wenn man die guten Ideen umsetzt.

Die Beispiele gelten natürlich nur, wenn du mit positiver Verstärkung arbeitest. Das heißt, du belohnst den Hund für das, was du abfragst.

Gute Idee

Keine gute Idee

Du machst die Leine ab, weil dann Welpe ruhig wartet und dich anschaut? Prima, er wird das in Zukunft immer öfter tun. Du machst die Leine ab, während dein Welpe gerade an der Leine zerrt wie ein Wilder, weil er zu seinem Kumpel möchte? Nun ja, er wird immer heftiger in der Leine hängen. Besonders, wenn du sie dann man nicht abmachst.
Du rufst deinen Hund, als er gerade sowieso schon auf dich zuläuft? Klasse, er wird immer mehr bei dir bleiben. Du rufst immer, wenn sich dein Hund „zu weit“ entfernt. Schade, aber er wird sich immer weiter entfernen.
Du füllst den Futternapf und stellst ihn auf den Boden, während dein Hund mit allen vier Pfoten auf dem Boden ruhig wartet. Super, denn du wirst einen geduldig wartenden Hund bekommen. Du beeilst dich mit dem Futter, denn je länger es dauert, denn dein Hund springt sowieso schon an dir hoch und bellt. Und je länger du brauchst, um so massiver wird er. Was soll er auch anderes tun? Genau das Verhalten lohnt sich ja. Dafür kriegt er Futter.
Dein Hund schaut in der Gegend herum. Du wartest, bis er sich zu dir umdreht und dann startest du mit einer tollen Übung oder spielst mit ihm oder gibst ihm einfach einen Keks. Wunderbar, dein Hund wird immer mehr auf dich achten. Dein Hund achtet überhaupt nicht auf dich und du versuchst alles, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Vom Namen, über bewegen und Leckerli oder Spieli vor die Nase halten. Endlich hast du Glück, dein Hund schaut kurz zu dir, nimmt den Keks und wendet sich wieder der Umwelt zu. Nun ja, du belohnst ihn ja auch für seine Unaufmerksamkeit. Und er wird immer weniger auf dich achten.
Dein Welpe läuft auf dich zu und du belohnst ihn unten mit allen vier Pfoten auf dem Boden, und zwar bevor er überhaupt auf irgendeine andere Idee kommt. Wenn du das von Anfang an machst (und alle anderen auch oder du deinen Hund kontrolliert an der Leine hast), wird dein Welpe niemals jemanden anspringen.  Dein Welpe läuft auf dich zu, bei dir angekommen, springt er an dir hoch, du wehrst ihn aber oder sagst ihm „sitz“, nachdem er hochgesprungen ist. Im ersten Fall ist das häufig ein lustiges Spiel für den Hund, den zweiten Fall hatten wir ja schon besprochen. Dein Welpe wird immer mehr hochspringen. Es lohnt sich.

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Hast du selber noch Beispiele?

Schreibe gerne in die Kommentare, wenn du selber Beispiele hast. Immer, wenn dein Hund wiederholt etwas tut, was du nicht möchtest, solltest du mal darüber nachdenken, wie du das möglicherweise unbeabsichtigt belohnst!

Vielleicht hast du keine Idee, wie du es besser machen kannst? In meinem BLOG findest du zahlreiche Anleitungen, wie man es besser machen kann. Nutze die Suchfunktion oder komm in meine FB-Gruppe zur Welpenerziehung und stell dort deine Frage.

Ich belohne meine Hunde jedenfalls gerne, wenn sie das Richtige tun. Und wenn sie es besonders gut machen oder in schwierigen Situationen, belohne ich sie auch gerne viel. Das funktioniert sehr gut und noch keiner hat deswegen die Weltherrschaft übernommen. Und übrigens: Sie folgen mir auch, wenn ich wirklich mal vergesse, Leckerli mitzunehmen.

Ich wünsche dir, dass du schnell in die Erfolgsspirale kommst und den „Geiz ist geil“-Gedanken zumindest für das Training mit deinem Hund aus deinem Kopf verbannen kannst.

Claudia

welpenerziehung noch mehr tipps

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